Ältester Briefmarkensammlerverein Deutschlands


Hindenburgfrankaturen Teil 2

Portostufen (1)

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Die Hindenburgausgaben sind meist das Stiefkind jeder Belegesammlung des Deutschen Reichs ab Weimar, gelten doch diese Frankaturen aufgrund des oft minimalen Michelwerts der gestempelten Marken den meisten Sammlern als kaum sammelwürdig. Tatsächlich gibt es viel Masse, man kann diese Ausgabe nach den Germaniamarken beinahe als Dauerserie bezeichnen. Aber hier erliegt man schnell Irrtümern. Ein Blick in den Katalog klärt auf, dass z.B. die Marken mit Hindenburg Trauerrand nur vom 4.9.1934 bis 31.12.1935 frankaturgültig waren, viel kürzer z.B. als die gesuchten Zeppelinmarken zur Chicagofahrt, die man über vier Jahre verwenden durfte.

Beginnen möchte ich meine Betrachtung mit einem eingeschriebenen Brief ab "Breslau" 8.10.1934 ins erzgebirgische Zschorlau. Anders als die allermeist nicht portogerechten Satzbriefe des Dritten Reiches ist er beinahe ein Ausnahmestück, denn da kommt viel zusammen: 24 Pf statt 12 Pf für den doppelgewichtigen Brief, 30 Pf Einschreibegebühr und 5 Pf Luftpostzuschlag ergeben korrekt 59 Pf (Abb. 1). Da hat sich ein Sammler viel Mühe gegeben und umso schöner, dass rückseitig auch der vorgeschriebene Ankunftsstempel abgeschlagen ist. So ist die letzte Hindenburgausgabe Mi 548-553 komplett in sehr seltener Portostufe dokumentiert. Die kleine Artikelserie soll ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit den Blick auf solche Besonderheiten eröffnen. Es gibt viel zu entdecken und wie so oft, weitet sich der Blick, je tiefer man in die Materie eindringt.



Abbildung 1

Paul von Hindenburg wurde bereits zu Lebzeiten mit Markenausgaben geehrt; so zu seinem 80. Geburtstag 1927, Michel 403-406. Seine Stellung im Deutschen Reich war aufgrund seines Sieges bei Tannenberg 1914 gegen in Ostpreußen eindringende Russen die eines Überhelden, zumal er als Reichspräsident ab 1925 faktisch "Ersatzkaiser" für den ins holländische Exil geflüchteten Hohenzollern Wilhelm II. war.  Es folgten 1928 bis 1929 weitere neun Markenausgaben, ehe 1932 zum 1. Oktober erstmals nun Marken mit dem Hindenburgmedaillon den Charakterkopf von der Seite und nicht mehr schräg von vorn zeigten. Insgesamt 38 Michelnummern wurden mit dem Medaillon verausgabt, ehe 1934 die letzten fünf mit Trauerrand (Mi 548-553) folgten.

Da eingangs nun schon ein Beleg mit seltener Portostufe vorgestellt wurde, sollen weitere folgen. Relativ bekannt ist, dass Sendungen in die Tschechoslowakei und Ungarn mit ermäßigtem Porto versandt werden durften. Bespielhaft  wird dafür eine Postkarte vom 18.8.1936 ab dem "Kurort Oybin" ins tschechische "Pardubice" mit 10 Pf OR , Mi 518, gezeigt  (Abb. 2), die das ermäßigte Postkartenporto von zehn statt 15 Pf einer Auslandspostkarte dokumentiert.



Abbildung 2

Interessanter weil seltener ist eine 10 Pf Einzelfrankatur auf einer Auslandsdrucksache zweiter Gewichtsstufe  ab "Berlin" 27.1.1937 (Abb. 3). So etwas erwarb der Autor als Einzellos bei einer Auktion, weil sich so etwas partout nicht in Belegekisten findet.


Abbildung 3

Ebenso selten ist dann eine 20 Pf Einzelfrankatur ab "Marienbad - Wir sind frei" 28.10.1938 ins nahe "Prag" (Abb. 4). Nun muss man schon Wikipedia bemühen, um sich das Porto und die damit verbundenen geschichtlichen Abläufe zu erklären: War Prag denn nach der "Befreiung" 1938 noch Ausland? Der tschechische Zensurstempel spricht dafür. Und tatsächlich war es so, dass nach der völkerrechtswidrigen,  im Vertrag von München aber u.a. von Großbritannien geduldeten Besetzung der sudetendeutschen Gebiete und deren Anschluss an das Deutsche Reich (siehe Mi 684, 685) in 1938 dann im zweiten Schritt ab 15.3.1939 es zur Besetzung und Zerschlagung der „Rest“-Tschechei kam, weshalb unser Brief aus 1938 "noch" als Auslandsbrief galt.



Abbildung 4

Deshalb 20 Pf Porto statt der üblichen 25 Pf für einen Auslandsbrief. Und so kommt es, dass ein Brief aus dem weltbekannten tschechischen Kurort in die tschechische Hauptstadt 1938 portogerecht mit einer deutschen 20 Pf Hindenburgmarke freigemacht wurde. Nebenbei eröffnet einem dieses seltene Briefporto noch einen Blick in die komplexe deutsch-tschechische Geschichte, was der Autor als besonders wertvoll empfindet.

Abschluss der ersten Etappe der Betrachtung seltener Portostufen soll  nach diesem geschichtlichen Exkurs ein Beleg ab "Berlin-Pankow" vom 14.4.1934 nach "Bukarest" (Abb. 5) stehen.



Abbildung 5

Wiederum handelt es sich um eine rare Portostufe, denn zu dem doppelgewichtigen Auslandsbrief für 40 Pf gesellt sich die Einschreibegebühr von 30 Pf. Die 60 Pf Hindenburgmarke Mi 493 kann aufgrund der Erstausgabe der gleichfarbigen 60 Pf Mi 526 erst im Mai 1934 hier aufgrund des Verwendungsdatums auch ohne Prüfung des Wasserzeichens klar unterschieden werden. Michel bewertet die 493 in Mischfrankatur auf Brief schon mit 75 €, was viele Nur-Briefmarkensammler sicher schon überrascht; doch mit den Randnummern auf der linken Randleiste wird der Brief schon zu einer kleinen Kostbarkeit. Ein Empfänger mit prominenten Namen, der rückseitige handschriftliche Vermerk "Enthält keine Devisen" und zwei rumänische Ankunftstempel runden das Bild gelungen ab. Man merkt, Belege mit harmlosen Hindenburgmarken können ihren eigenen Reiz entfalten.

Dr. Axel Eska, IPV 1877 Dresden e.V.

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