Impressionen vom Besuch der ESTEX 2018
Vom 13. bis 15. Juli 2018 fand in der estnischen Hauptstadt Tallinn die inter-nationale Briefmarkenausstellung ESTEX 2018 statt, zu der auch (mindestens) zwei Dresdner Besucher die durchaus beschwerliche Anreise ins Baltikum auf sich nahmen. Anlass dieser Ausstellung war der 100. Geburtstag der Estnischen Post im Verbund mit der 100. Wiederkehr der Drucklegung der ersten estnischen Briefmarke.
Folgerichtig waren es auch die Exponate der traditionellen Philatelie bzw. der Postgeschichte, die mit 71 Stück in der Tallinner Messehalle am stärksten vertreten waren. Dagegen waren thematische Exponate (11), Jugend (10), Ansichtskarten (8) und Aerophilatelie (4) doch eher unterrepräsentiert. Aus der Sicht von uns Abb. 1 - Foto vom Plakat der Ausstellung
beiden Dresdner „Jungphilatelisten“ begeisterten besonders die 9 Ausstellungsexponate der „Open-Philatelie“, wobei der Ehrlichkeit halber einzuräumen ist, dass wir etwas mehr Zeit an den Händlerständen zubrachten, als letztlich für die Exponat-Schau übrig blieb ...
Abb. 2 - Blick auf die zahlreichen Ausstellungsrahmen
Neben estnischen Ausstellern waren vor allem die skandinavischen und baltischen „Nachbarn“, sowie russische Philatelisten besonders stark vertreten. Aber auch polnische, weißrussische, rumänische und natürlich besonders die deutschen Exponate sind uns beim Rundgang aufgefallen. Die internationale Jury vergab insgesamt 17 Goldmedaillen, wovon zwei an deutsche Aussteller gingen. Da das Estnische der finno-ugrischen Sprachfamilie zuzuordnen ist, sah es mit der Textverständlichkeit vieler Exponate für uns aber eher mau aus. Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass in Estland doch erstaunlich viele, unseren „Ost“-Ohren eher vertraute, russische Laute zu vernehmen waren.
Weiteres interessantes Detail am Rande: Der Ausstellungskatalog, glücklicherweise zweisprachig, also neben dem Estnischen auch auf Englisch erschienen, datiert die Geburtststunde der estnischen Philatelie auf den 21.06.1880. An jenem Tag werden zwei Herren aus dem estnischen Haapsalu in Dresden als Mitglieder des Internationalen Philatelistenvereins von 1877 registriert ... Einen selbständigen estnischen Staat gab es zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, und Tallinn hieß dazumal noch Reval.
Abb. 3 zeigt einen der vielen, von der Estnischen Post, angebotenen Sonderstempel
Den Ausstellungskatalog und das Palmares mit den Exponatbewertungen finden Sie hier
Eigentlich hätte man uns zwei 1877’er da doch wirklich offiziell als Ehrengäste nach Tallinn einladen können. Dann wäre uns der nervenzehrende, weil mehrfach verschobene Rückflug via Kopenhagen wohl ebenso erspart geblieben, wie das doch schon etwas in die Jahre gekommene Plattenbau-Hotel am Rande der Stadt mit seinem an die DDR-Grenzbefestigungsanlagen erinnernden, rund um die Uhr besetzten Parkplatz-Wächterturm...
Abb. 4 - Ganzssachenumschlag mit dem extra nur dafür verwendbaren Sonderstempel
Nahezu den kompletten Freitag und Samstag haben wir, ungeachtet hochsommerlichen Badewetters, den Briefmarken in der eher schmucklosen Messehalle in Blickweite der Ostsee gewidmet. Dort waren neben einer internationalen, zahlenmäßig jedoch überschaubaren Händlerschar u.a. das Auktionshaus Gärtner und diverse Postverwaltungen, darunter ein Philatelie-Team der Deutschen Post und der Österreichischen Post, präsent.
An beiden Abenden (Stichwort: „Weiße Nächte“, Sonnenuntergang nach 22:30 Uhr) und den zweieinhalb nachfolgenden Urlaubstagen blieb noch genügend Zeit für die Sehenswürdigkeiten von Stadt und Umland. Ausreichend Zeit hierfür sollte man in Tallinn auch unbedingt einplanen - steht die historische Altstadt der ältesten nordeuropäischen Metropole doch auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste.
Abb. 5 - Das Kumu - eines der modernsten und größten Kunstmuseen Nordeuropas
Abb. 6 - Der "Lange Hermann", eines der Wahrzeichen der estnischen Hauptstadt
Abb. 7 - Der Sitz des estnischen Parlaments (Riigikogu) im Schloss auf dem Domberg
Abb. 8 - Blick vom Domberg auf die Unterstadt mit der Stadtmauer und der Olaikirche
Neben erfrischenden Badeaufenthalten in der Ostsee und den unzähligen architektonischen Kostbarkeiten der auf engstem Raum gedrängten mittelalterlichen Unterstadt mit dem direkt angrenzenden Domberg, von dem man wunderbare Blicke auf Tallinns Altstadt genießen kann, haben uns besonders die Ruinen des Brigitten-Klosters vor den Toren der Stadt begeistert.
Abb. 9 und 10 - Ruine und Neubau des Brigitten-Klosters im Stadtteil Pirita (Brigitten)
Unser philatelistisches Herz schlug natürlich sofort höher, als wir an der Kasse zum Kloster unter den zahlreichen Ansichtskarten folgende Entdeckung machten:
Abb. 11 - Ganzsache aus dem Jahr 2001 mit Blick auf den Neubau
Hinter dem Brigitten-Kloster fließt das Flüsschen Pirita, dass vermutlich dem Stadtteil und dem Klosterorden seinen Namen gab. Unweit des Klosters mündet die Pirita in die Ostsee. Der sich an der Mündung befindende Yachthafen wurde nach dem Vorbild von Kiel-Schilksee für die Olympischen Spiele 1980 in Moskau erbaut, denn in Tallinn fanden die gesamten olympischen Segelwettbewerbe statt.
Abb. 12 - Ganzsachenumschlag UdSSR mit Zusatzfrankatur und Sonderstempel
Die beigefügten, philatelistisch angereicherten, Fotos sollen einen kleinen Eindruck von unserer insgesamt sechstägigen Reise vermitteln. Anlass für die sehr ereignisreichen, mit bleibenden Eindrücken gespickten Tage war unser gemeinsames Hobby. Dank unserer Begeisterung für die Philatelie durften wir ein kleines, in Deutschland doch weitgehend unbekanntes nordeuropäisches Land mit seiner sehr wechselvollen Geschichte kennenlernen. Estland hat nur 1,35 Mio. Einwohnern, von denen jeder Dritte in der von uns besuchten weitläufigen und grünen Hauptstadt am Finnischen Meerbusen lebt. Zur Wiederholung, vor allem aber natürlich zur Nachahmung ist dieses Reiseziel nur wärmstens zu empfehlen!
Thomas Wünsche und Heiko Weber