Eine Kriegsgefangenensendung von Dessau nach Camp Opelika in den USA
(vorgestellt von Thomas Wünsche, IPV)
Der Brief wurde am 9. September 1944 von den (Stief?)-Eltern in Dessau aufgegeben. Er erreichte den (Stief?)-Sohn, der als Kriegsgefangener im Camp Opelika in den USA interniert war, am 31. Dezember 1944 (eingegangen im Lager am 28.12.1944).
Das Camp Opelika war ein Lager für 3.000 deutsche Kriegsgefangene. Es befand sich unweit der Stadt Columbus im US-Staat Alabama und wurde 1942 errichtet. Die ersten Insassen dieses Lagers kämpften zuvor unter General Rommel in Afrika und waren dort von den Briten gefangen genommen worden.
Die Post an Kriegsgefangene musste portofrei befördert werden. Das galt allerdings nicht für Zusatzleistungen! Der vom Absender verwendete Vordruck ist auf den ersten Blick hin widersprüchlich. Oben rechts findet sich der Vermerk „Gebührenfrei“ bzw. „Postage free“. Rechts unten fett hervorgehoben der Beförderungshinweis „MIT LUFTPOST PAR AVION“. Wie bei allen Verträgen sollte man aber unbedingt immer das Kleingedruckte lesen. Darin findet sich am linken Rand der Hinweis: „Wenn Luftpost nicht genutzt wird, ist der Stempel mit dem Zusatz mit Luftpost nach Nordamerika zu durchstreichen.“ Da der Zusatz nicht durchstrichen war, wurde der Brief mit Luftpost befördert. Im Gegenzug belegte ihn die (deutsche?) Post mit einer Nachgebühr von 40 Pfennig (rechts unten, rot). Eigentlich ist es gar keine echte Nachgebühr, denn auf der Rückseite kann man lesen:
„Die Luftpostgebühr ist bar am Postschalter einzuzahlen. Luftpostgebühr nach USA, Kanada und Australien 40 Rpf je 5 Gramm. Dieser Bogen wiegt 4,5 Gramm.“ Dabei war die Post noch großzügig, denn nachgewogen kommt der Faltbrief auf 6 g. Vermutlich wurde die Luftpostgebühr nicht wie vorgeschrieben am Postschalter bezahlt. Aber offensichtlich konnte die Nachgebühr vom Empfänger eingetrieben werden, denn rechts oben befindet sich ein handschriftlicher Vermerk „Tax percue“ also Gebühr bezahlt. Der Rest des Vermerks ist nicht eindeutig zu entziffern. Natürlich wurde der Brief noch vor seiner Aushändigung von den Amerikanern kontrolliert (auf der Vorderseite links unten „12425 U.S. CENSOR“). Zuvor waren aber schon die Deutschen „aktiv“, wie man an dem Aufkleber auf der Rückseite sehen kann.
Der Inhalt des Briefes ist mit Schreibmaschine geschrieben und damit problemlos lesbar. Ein spannendes Zeitdokument und auch noch philatelistisch interessant.